Sinn einer Bibliothek

Eine Bibliothek ist eine Dienstleistungseinrichtung und stellt für Besucher Informationen öffentlich zur Verfügung. Sie sammeln, erschließen und bewahren Informationen und dies seit jeder über Medien. So wurden früher Papyrusrollen gesammelt, später Bücher. Darunter waren nicht nur wissenschaftliche Abhandlungen, sondern in erster Linie Geschichten. Geschichten wurden vielfältig erzählt und waren immer ein Abbild der Gesellschaft, in der sie erschaffen und erzählt wurden. Durch Geschichten überlieferten Menschen Werte, Einstellungen und Moral. Sie waren also ein Abbild der jeweiligen Kultur.

Im Laufe der Zeit passten sich Bibliotheken immer wieder der aktuellen Kultur an. Es konnten und können Schallplatten, CDs, VHS-Kasetten, DVDs und BlueRays in Bibliotheken gehört, geschaut, gelesen und ausgeliehen werden. Wahrscheinlich gab es schon immer Widersacher, die der Meinung waren CDs haben nichts in einer Bibliothek verloren. Diese Zeiten sind vorbei. Auch Schach, Mensch-Ärger-dich-nicht und andere Brettspiele wurden von immer mehr Bibliotheken eingeführt. Hierüber dürfte man heutzutage auch kaum jemanden schimpfen hören. Gelten Brettspiele doch als gesellschaftlich anerkannt und sozial verbindend.

Kein Teil der Kultur?

Eine Bibliothek fungiert immer noch als ein Spiegel der Gesellschaft. Genau deshalb dürften nun auch hier die Diskussionen sich um die Frage drehen: „Sollen Video-/Onlinespiele in so einer Institution angeboten werden?“ Diese Frage kommt einfach daher, dass diese Spiele noch nicht gesellschaftlich voll anerkannt sind. Denn auch Eltern, Lehrer, Erzieher und andere Pädagogen sind sich sehr unsicher, wie mit Onlinespielen umgegangen werden soll. Doch man muss sich hier klar machen: Geschichten werden heutzutage eben auch über solche Spiele erzählt, nachempfunden und nacherlebt. Videospiele bilden also ein neues Kulturgut, das nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch von mehr und mehr Erwachsenen konsumiert werden. Es wird sich darüber unterhalten, Zeitungen berichten über Phänomene und Events in diesem Zusammenhang, Werbung leiht sich Tänze aus Fortnite, es werden Milliarden umgesetzt und es entsteht eine Diskussion darüber ob Olympia den E-Sport als Disziplin aufnehmen soll. (Wohlgemerkt, weil Olympia den E-Sport zur Popularitätssteigerung braucht, NICHT umgekehrt!)

Nicht OB, sondern WIE

Für mich steht daher fest, dass Onlinespiele ein Teil der Kultur sind. Wie bei vielen digitalen Neuerungen in unserer Gesellschaft ist daher nicht die Frage, ob es Einzug halten wird, sondern wie. Und um Neuerungen, die Einfluss auf unsere Gesellschaft haben, diskutieren zu können und zu beeinflussen, müssen diese auch in einem öffentlichen Raum einen Platz finden. Was wäre da besser geeignet als eine Bibliothek? (klar auch andere Einrichtungen können dafür Zeit und Platz zur Verfügung stellen, aber eine Bibliothek find ich dafür schon sehr angemessen)

Kritik und meine Meinung

Natürlich ist der Einsatz von Videospielen in einem ruhigen Ort, wie einer Bibliothek mit einigen Problemen verbunden. So war der Anlass für diesen Beitrag die Anfrage der Diplom-Pädagogin Nadine Knäble-Liebert, die Online-Spiele in der Mediathek der Stadt Bad Krozingen anbietet und sich fast schon logischerweise einer gewissen Kritik stellen muss. Sie hat für einige Problempunkte (Lautstärke, normales jugendliches Verhalten, direkte Sicht auf Spiele der Kids) die Lösung gefunden, einen weitgehend eigenen Raum mit Türen bereit zu stellen.

Trotz allem besteht natürlich die Kritik, dass die Kinder „Ballerspiele“ zocken, wohl relativ laut sind und ihre Zeit „verdatteln“. Hier einige Gedanken von mir zum Thema, ohne dass ich die Örtlichkeit genauer kenne.

Ballerspiele/Fortnite: Fortnite auf ein Ballerspiel zu reduzieren finde ich nicht hilfreich. Aber auch abgesehen davon, gab und gibt es in der Kultur des Menschen schon immer Gewalt. Sei es in Krimibüchern, in der Bibel oder beim Mensch-ärger-dich-nicht. Das Thema ist omnipräsent. Im Gegensatz zu „Grand Theft Auto“ gibt es in Fortnite allerdings keine brutale Gewaltdarstellung, kein Blut und ist daher wesentlich besser geeignet als andere Spiele zu meiner Zeit (Doom, Wolfenstein 3D). Mehr zu diesem Them Thema beantworte ich gerne bei einem Vortrag 😉

Lautstärke und Verhalten: Ein eigener Raum ist natürlich Klasse, zudem gibt es natürlich Headsets, die mittlerweile gar nicht mehr sehr teuer sein müssen. Sollten die Jugendlichen immer noch zu laut sein, sollte man allerdings durchaus auch mal an Ihre Selbstbeherrschung appelieren können. Ansonsten sind die Spiele vielleicht doch etwas zu aufregend. Hier hilft es vielleicht Regeln zur Erinnerung nochmals an die Wand zu hängen. ( Bei Jugendzentren könnte dies mit Jugendvertretern auch selbst ausgehandelt werden, inwiefern das bei einer Bibliothek möglich ist, weiß ich nicht.)

Rumdatteln: Zum einen würde ich hier nicht zu viel hineininterpretieren, denn man kann seine Zeit auch anderweitig verschwenden (Am Smartphone rumspielen, YouTube-Videos angucken, früher: Comics lesen, nur Fußballspielen) zum anderen besteht natürlich durchaus die Gefahr einer Spielsucht.

Vielleicht kann man hier den Ansatz verfolgen, einmal pro halbes Jahr einen medienpädagogischen Vortrag/Workshop anzubieten, der über die Risiken aufklärt und die Tricks der Spieleindustrie mit den Jugendlichen analysiert. Der Besuch ist die Voraussetzung, um den „Zockerraum“ benutzen zu dürfen. So bekommen die Teilnehmer hier zum Abschluss bspw. eine Karte/einen Ausweis o.Ä. die zum Eintritt berechtigt.

Chancen

Jugendliche in der Bibliothek sind super, weil

– sie schon mal wissen, wo die Bibliothek eigentlich ist.

– sie und ihre Kultur ernstgenommen werden.

– sie die Gesellschaft als Teil von sich anerkennen.

– die Gefahr von Drogen und Alkohol als Alternative abnehmen.

– in dem Raum auch Bücher ausgelegt werden können (z.B. für Jugendliche, die momentan keine freie Konsole haben)

– weitere Informationen (zu Spielsucht, Demokratie, Berufsfindung,…) leichter anzubringen sind.

– weitere Angebote zu Workshops öfter besucht werden, wenn dahinter eine Belohnung steckt.

– man Einfluss auf die Art der Spiele hat.

– sie sich erst mal bewegen müssen müssen, um in die Bibliothek zu kommen.

– weil Eltern mit ihren Kindern zusammen Probespielen können (und nicht das Spiel erst kaufen müssen, oder nur Ratschläge von jemandem bekommen, der es Ihnen verkaufen will)

Selbstverständlichkeiten (oder auch nicht?)

Ja es gibt ein Leben außerhalb von Computerspielen, ja Fußballspielen ist echter Sport an der Sonne und daher gesünder, ja, man sollte nicht zu viel Zeit beim Computerspielen verbringen, ja es müssen erst Hausaufgaben gemacht werden, ja es müssen erst die Pflichten erfüllt werden, ja Sport generell ist gesund, ja auch miteinander reden ist sozial, ja Jugendschutz muss auf jeden Fall eingehalten werden, ja andere Besucher sollten nicht übermäßig gestört werden…

Aber ganz ehrlich: Das wissen Sie schon alles. In diesem Artikel geht es darum , dass Sie einmal die andere Sichtweise einnehmen. Früher hat man geschimpft, wenn der Bub die ganze Zeit nur Fußball gespielt hat oder nur Geschichten gelesen hat, heute denkt man wehmütig an diese Zeiten zurück. Hören Sie auf, zurück zu blicken, sondern schauen Sie nach vorne. Entwickeln Sie zeitgemäße Ideen und Lösungen. Und teilen Sie mir diese doch in einem Kommentar mit =)

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