„Ist das dein Ernst? Technik vor Pädgogik?“ Die Frage ob jemand wirklich dieser Meinung sein könnte, behandelt bereits Alex Krommer hier in seinem Blog. Dabei stellt er fest, dass eigentlich niemand wirklich dieser Meinung sein kann, da es sich um ein sogenanntest „Strohmann-Argument“ handelt. Das heißt, es wird eine Meinung von einer unbekannten dritten Person in der Argumentation verwendet, die so eigentlich niemand hat. Kein Pädagoge fordert ernsthaft „Technik vor Pädagogik“.

Dieses Argument wird oft benutzt, wenn es darum geht Neuerungen abzulehnen und den eigenen Unterricht zu ändern. „Ich mach doch schon alles richtig und mir ist Pädagogik eben wichtiger als moderner Schnick-Schnack.“ Dies führt paradoxerweise schließlich aber zu Handlungen, die genau das Mantra „Technik vor Pädagogik“ bestätigt. Dies möchte ich kurz erklären:

Die Haltung des Lehrers ist entscheidend

Wenn ein Lehrer seinen Glaubenssatz immer wieder bestärkt, dass Technik den Unterricht stört, dann wird dieser auch eine Abwehrhaltung gegenüber neuen Medien aufbauen. Dies führt im Endeffekt dazu, dass er auch Fortbildungen und Anregungen aus dem digitalen Umfeld entweder gar nicht besucht oder diese abwertend behandelt. Getreu unseren Glaubenssätzen, sucht sich unsere Aufmerksamkeit zudem immer noch Beispiele, die in unser Weltbild passen. Das ist auch ganz normal und ist bei jedem Menschen gleich, da sich jeder gern bestätigt fühlt und man nur so eine konsistente Welt aufbauen kann. Dass Medieneinsatz im Unterricht auch mal schief geht und zudem ein sogenannter Hirnforscher durchs Land zieht, der neue Medien ablehnt (dabei aber ein Smartphone in der Tasche hat) , ist somit immer wieder Bestätigung genug. Es ist also nicht nur in Ordnung, am traditionellen Unterricht festzuhalten, sondern man schützt die Kinder auch vor gefährlichen Einflüssen.

Was hat das mit dem Digitalpakt zu tun?

Die Zeit steht aber nicht still und Schulen werden neu ausgestattet. So sollen viele Schularten in Bayern bis zum Ende dieses Schuljahres ein Medienkonzept erarbeiten. Dabei ist auch der Digitalpakt ein wichtiger Baustein und die Finanzierung wird auch von Ländern und Kommunen weiter ausgebaut werden. Was wird dann passieren? Wir haben zum Teil Schulleitungen, Lehrer und auch Eltern, die im Bereich „Digitale Bildung“ keine oder nur sehr wenige Fortbildungen haben und damit auch keine Expertise. Vermeintlich kostenlose Beratungen werden oft nur von Firmen vorgenommen, die ihre eigenen Produkte im Anschluss verkaufen wollen und daher ihren eigenen Glaubenssätzen folgen. Diese sollen nun zusammen darüber entscheiden, wie die „Digitale Schule“ aussehen soll. Was glaubst du welche Aspekte NUN im Vordergrund stehen?

Haltung und Handlung

Jetzt passiert genau das, was eigentlich zu Recht verpönt ist: Bei der Ausstattung der Schule geht es nur noch darum, welche Geräte man anschafft. Die Technik rückt in den Vordergrund und es wird scharf diskutiert, ob Beamer, interaktives Whiteboard oder doch ein Lehrer-Tablet genügt. Was dabei komplett vergessen wird? Die PÄDAGOGIK!

Da die betreffenden Akteure sich bisher dem Thema erfolgreich verschlossen haben, kann nun auf keinerlei Erfahrung zurückgegriffen werden, weder von Fortbildungen, noch von Praxisversuchen aus dem eigenen Unterricht. Es fehlt das Wisssen um den richtigen und gezielten Einsatz von Medien, sowie eine Vision, wie Medien gewinnbringend eingesetzt werden können.

Nun werden nach langem Streit endlich verschiedene Medien angeschafft. Was fehlt? Ein pädagogisches Konzept,  wie die Stärken der neuen Medien auch genutzt werden können. So stehen mittlerweile unzählige interaktive Whiteboards (IWB) in deutschen Schulen, die meistens genau wie eine Tafel benutzt werden, oder in der Abstellkammer verstauben. Dass das IWB nicht wirklich einen Mehrwert hat und nur den traditionellen Unterricht stützt ist dabei den meisten Lehrern intuitiv klar. Das IWB wird also, zu recht, abgelehnt.

Grüne Tafel

Und was lernen wir daraus? Der Lehrer hatte schon immer recht und möchte seine grüne Tafel zurück, da hier, man höre und staune, vier Kinder gleichzeitig daran arbeiten können! (Natürlich mit Sichtschutz, für sich allein). Das ist auf einem IWB schließlich nicht möglich, da hier ja nur eine Fläche vorhanden ist… Was folgert man daraus? Wenn das IWB schlecht ist, dann ist Digitalisierung an Schulen im Allgemeinen schlecht! Dass es alternative Methoden und Techniken gibt (und die digitale Transformation mehr ist als ein IWB), kommt diesem Lehrer offenbar gar nicht in den Sinn. Er wird wieder mit grüner Tafel arbeiten, denn „Pädagogik vor Technik“.

Das Beispiel dieses Lehrers findest du unrealistisch? Dann bitte hier weiterlesen.

Doch die nächste Technikausstattungswelle wird kommen und wenn es dann an Handlungen geht, heißt es bei der Lehrerkonferenz wieder: „Welche Technik kaufen wir?“ oder „Wer soll das alles machen?“. Was Kinder und Jugendliche in einer digitalen Welt an Wissen und Kompetenzen benötigen, rückt bei dieser Diskussion dann ganz schnell in den Hintergrund. Man könnte auch sagen „Technik vor Pädagogik“.

 

 

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